„KAG-Rebellen“ aus Siegen-Wittgenstein erfolgreich
Das war ein harter Kampf in der Vorbereitung. Was in Erndtebrück vor drei Jahren begann, ist in den letzten drei Wochen zu einer Massenbewegung der Basis geworden. Mit mehr als 75 Prozent hat die Basis der Liberalen die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge im Landeswahlprogramm beschlossen. Der Gegenwind der FDP Landtagsfraktion war am digitalen Parteitag deutlich spürbar. Über den Kreis Siegen-Wittgenstein, den Kreisverband Hagen, den Kreisverband Ost-Westfalen-Lippe und vor allem dem starken Landesverband der Jungen Liberalen verbreitete sich der Antrag wie ein Lauffeuer unter den Delegierten. Die beiden Landtagskandidaten Carsten Weiand (Erndtebrück) und Andreas Weigel (Wilnsdorf) standen stellvertretend für das Thema ein und nicht zuletzt der Kreisvorsitzende Peter Hanke.
Andreas Weigel brachte den Antrag dann auch in die Diskussion des Landesparteitages ein. Inhaltlich sachlich formuliert und fachlich fundiert zeigte Weigel die Stärken der heimischen Position auf. Indes wurde die Parteiführung merklich unruhig, als sie merkte, dass das Lager der Unterstützenden spürbar zunahm. Von der Parteiführung argumentierten dann auch gleich der Staatssekretär Christoph Dammermann und der Kommunalpolitische Sprecher Henning Höne MdL dagegen. Aber die Delegierten merkten, dass sich die Stimmung im „digitalen Plenum“ drehte. Die Basis war unzufrieden mit der Gegenrede der Landesspitze in der Aussprache und folgte den Argumenten der KAG-Kritiker. Letztlich entschieden sich 76 Prozent der Delegierten den Entwurf des Landeswahlprogramms an dieser Stelle deutlich zu verändern. Es war einer von wenigen Änderungsanträgen überhaupt, der eine Mehrheit während des rund sechsstündigen programmatischen Parteitags fand. Von der aktuellen Regelung besonders negativ betroffen sind die ländlichen Räume mit langen Straßen und, im Vergleich zu Städten, großen Grundstücken mit wenigen Anwohnern. Die aktuelle KAG Regelung steht also der Schaffung vergleichbarer Lebensverhältnisse entgegen. Menschen in Dörfern und Kleinstädten werden eindeutig benachteiligt, heißt es in der Antragsbegründung. Weiterhin sind viele Kommunen über Jahre und Jahrzehnte ihren Unterhaltungspflichten nicht nachgekommen. Statt laufende Straßenunterhaltung zu betreiben, wurde gewartet, bis ein Ausbau nach KAG möglich war.
„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!“
Der FDP Kreisvorsitzende Peter Hanke hat hier im Vorfeld viele Gespräche mit anderen Kreisverbänden geführt. Fast drei Wochen wurde für das Anliegen geworben. „Das war schon ein kleiner Krimi. Wir sind in den Parteitag mit einer Zusage von vielleicht 30 Prozent der Delegierten gegangen. Uns war klar, dass wir für den Erfolg eine starke Rhetorik benötigen. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.“ Aus Siegen-Wittgenstein und Ostwestfalen-Lippe fanden sich gleich mehrere Politiker, die entschlossen in die Bütt gegangen sind. Überraschend solidarisierten sich mit Jens Teutrine, Frank Schäffler und Christian Sauter auch drei Bundestagsabgeordnete mit den Antragsstellern. „Das Thema interessiert jeden Kommunalpolitiker – und natürlich jeden Hausbesitzer“, so Carsten Weiand und Andreas Weigel. „Sollte es zu einer Fortsetzung der Zusammenarbeit mit der CDU kommen, für die es viele gute Argumente gibt, dann werden die Christdemokraten in NRW an der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge nicht vorbeikommen“. NRW ist das einzige Bundesland, das noch obligatorisch Straßenausbaubeiträge erhebt. Andere Landesverbände der Freien Demokraten (z.B. Niedersachsen und Schleswig-Holstein) haben sich in ihren Bundesländern erfolgreich dafür eingesetzt, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen, denn dieses Instrument ist nicht mehr zeitgemäß. Die Aufteilung nach unterschiedlichen Straßentypen hat sich überlebt. Eine Reform ist somit längst überfällig. Im Wahlprogramm der FDP ist nun dank vieler Unterstützer festgeschrieben:
„[Die Abschaffung der KAG-Beiträge] wollen wir konsequent fortsetzen und Straßenausbaubeiträge endgültig abschaffen. Dadurch befreien wir Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Käuferinnen und Käufer von Immobilien von einem erheblichen Kostenrisiko und bauen konkret Bürokratie ab. Weiterhin gilt für uns im Straßenbau das Prinzip Instandhaltung vor nachmaligem Ausbau. Dazu müssen die Finanzen der Kommunen durch Land und Bund auf ein solides Fundament gestellt werden. Die Ausbaustandards für Straßen müssen zudem einer Prüfung unterzogen werden, um den Kommunen mehr Freiheiten zu geben.“